Bald wieder elftes Berufsschulpflichtjahr in Berlin?
Wenn es nach der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) geht, richtet der Senat demnächst wieder das elfte Berufsschulpflichtjahr in der Hauptstadt ein. Andernfalls drohe vielen Jugendlichen die Langzeitarbeitslosigkeit, sofern sie kein Abitur oder eine Ausbildung machen wollen bzw. nicht einmal wissen, wie ihr Berufswunsch aussieht.
Wiedergeburt des Pflichtjahres?
Das zusätzliche Pflichtjahr gab es schon einmal in Berlin, es wurde allerdings aus Kostengründen und geringer Effektivität wieder abgeschafft. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) will das Thema wieder aktuell machen, die Berliner IHK sieht das ebenso. Als Grund wird in erster Linie die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Berlin angeführt: Jeder zehnte Schüler verlässt die Schule ohne Abschluss, genauso viele unter 25-jährige sind arbeitslos. Die Quote sinkt, liegt aber immer noch über Bundesdurchschnitt.
Abstimmung zwischen Schulen und Unternehmen verbessern
Die Berliner IHK will zusätzlich zum elften Pflichtjahr die Abstimmung zwischen Schulen und Unternehmen verbessern, zudem sei ein Landesinstitut und eine eigene Senatsverwaltung für berufliche Bildung sinnvoll. Zusätzlich müsse man Strategien gegen den Fachlehrermangel an den Berufsschulen entwickeln. Die Jugendberufsagenturen müssen zusätzlich unterstützt werden, zudem fordert Detlef Scheele, Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA) ein EDV-System, in dem auf freiwilliger Basis Daten über die Bildungsverläufe der Jugendlichen gespeichert werden.
Bis 2030 fehlen geschätzt 152.000 Fachkräfte in Berlin
Zusätzlich zur Jugendarbeitslosigkeit macht der Azubi- und damit künftige Fachkräftemangel der beruflich Qualifizierten der IHK Sorgen. Diese schätzt, dass bis 2030 in Berlin die Zahl der fehlenden Fachkräfte von 28.000 auf 152.000 steigt – wenn die Unternehmen nichts tun. Besonders betroffen sind die Gesundheitsbereiche, das Gastgewerbe und der Dienstleistungssektor. Viele Betriebe nehmen deshalb auch Jugendliche mit schlechtem Schulabschluss und fördern diese mit Nachhilfestunden.
Quelle: Tagesspiegel vom 04.04.2017