Azubi kündigt – wer erstattet die Ausbildungskosten?
Ein Unternehmen finanziert einem Azubi zum Berufskraftfahrer den PKW- und CE-Führerschein – der Azubi kündigt nach bestandener Führerscheinprüfung und wechselt zur Konkurrenz. Bleibt das Unternehmen nun auf den Kosten sitzen?
Freitags gekündigt, Montags nicht mehr erschienen
Das Fuhrunternehmen mit Sitz in Thüringen, das sich auf die bundesweite Auslieferung von Möbeln spezialisiert hatte, klagt nun vor dem Arbeitsgericht Erfurt gegen den ehemaligen Azubi. Dieser hatte unmittelbar nach den Führerscheinprüfungen an einem Freitag außerordentlich gekündigt und blieb bereits ab dem folgenden Montag dem Betrieb fern.
Kündigungsgründe dürfen nicht länger als 2 Wochen bekannt sein
Grund für die Kündigung sei das schlechte Betriebsklima und Familienzuwachs – die Ausbildung wolle er bei einer Spedition in der Nähe fortsetzen. Die Firma begründet vor Gericht, dass nach § 22 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) ein Azubi nur dann aus wichtigem Grund kündigen kann, wenn die für die Kündigung zugrunde liegenden Tatsachen nicht länger als zwei Wochen bekannt sind. Das war hier aber der Fall.
Rückerstattung der Ausbildungskosten
Bereits im Vorjahr verlor das Unternehmen einen Azubi nur 2 Monate nach bestandener Führerscheinprüfung – wegen Wohnortswechsel, wie im Nachgang bekannt wurde. Auch dieser war schon vor Beginn der Ausbildung bekannt gewesen. Es wurde geklagt, das Fuhrunternehmen erhielt zumindest die Führerscheinkosten zurückerstattet.
Geld sparen und abwerben
Die sind nicht gering, 7.000 Euro kostet die Qualifizierung, zusätzlich zu den normalen Ausbildungskosten. Andere Speditionen sparen sich das Geld und werben die Azubis mit einem kleinen Plus für das Azubigehalt ab. Der neue Arbeitgeber kann den Ausbildungsvertrag einfach bei der regionalen IHK eintragen lassen.
Kein neuer Ausbildungsvertrag im gleichen Beruf?
Das klagende Fuhrunternehmen fordert, den CE-Führerschein für junge Fahrer nur noch in Verbindung mit einer jährlich aktualisierten IHK-Eintragungsbestätigung anzuerkennen. Der IHK solle es erlaubt sein, ein zweites Ausbildungsverhältnis im gleichen Beruf wie dem zuvor abgebrochenen zu verweigern. Zudem solle es über eine Änderung des § 23 BBiG möglich sein, pauschal Schadensersatz für Ausbildungskosten zu fordern, etwa für einen teuren Führerschein oder Lehrgangskosten. Auch das Recht auf den zusätzlich erworbenen B-Führerschein soll damit verwirkt werden.
Kaum Chancen für Durchsetzung der Forderungen
Die Kanzlei Dietz, Tonhäuser & Partner in Heilbronn sieht für diese Forderungen wenig Chancen, denn alle Vereinbarungen, die zu Ungunsten des Auszubildenden getroffen werden und vom BBiG abweichen, sind nichtig. Sie verweisen auf den § 12 BBiG. Auch die Forderungen nach eine Mindest-Arbeitsdauer im Unternehmen sowie eine nachträgliche Kostenerstattung für Teile der Ausbildung sieht die Kanzlei kritisch – diese Kosten müsse der Arbeitgeber tragen.
Ausbildung bezahlen und trotzdem keine Fachkraft?
Dem Fuhrunternehmen hilft das wenig – sie sehen weiterhin das Risiko gerade kleiner Unternehmen, die Ausbildungskosten tragen zu müssen und später trotzdem ohne Fachkraft dazustehen. Bei der Klage vor dem Arbeitsgericht geht es nicht darum, den Azubi wieder einzustellen, sondern darum, zu erfahren, wie man künftig mit Ausbildungsabbrüchen umgehen soll und welche Rechte für Unternehmen es gibt.