Interview mit Ausbildungsleiterin Bianca Amstutz
„Stell dich den Herausforderungen und sei offen für Neues. Bleib authentisch, wertschätzend und wissbegierig.“ – das ist das Motto von Bianca Amstutz. Sie ist seit 2004 Ausbildungsleiterin bei der GLYN GmbH & Co. KG. Im Interview erzählt sie, wie Bewerber:innen überzeugt werden können, welche Recruiting-Maßnahmen virtuell erfolgreich sind und was sich durch die Pandemie in der Ausbildung geändert hat.
Worauf setzen Sie beim Azubi-Marketing und -Recruiting? Haben Sie Alternativen Sie für die zurzeit nicht stattfindenden Messen und Schulkooperationen gefunden?
Auf Azubi-Speed-Datings und aktuell auf die Zusammenarbeit im Rahmen der Berufsorientierung mit den zuständigen Lehrer:innen der regionalen Schulen: virtuelle Entsendung von Ausbildungsbotschaftern in die Schulklassen, virtuelle Betriebserkundung.
Was unterscheidet die Ausbildung in Ihrem Unternehmen von anderen?
Wir überzeugen Bewerber:innen mit unserer Unternehmenskultur, Ausbildung auf Augenhöhe, abwechslungsreichen Arbeitsaufträgen und wertschätzendem Miteinander.
Was ist Ihnen an einem Azubi am wichtigsten?
Dass er unsere Firmenwerte – Leistung, Kompetenz, Zusammenarbeit, Transparenz, Fairness – mitträgt. Außerdem authentisches Auftreten, Engagement, Begeisterungsfähigkeit und Motivation.
Wie motivieren Sie Ihre Azubis?
Unsere Azubis erhalten eine abwechslungsreiche Ausbildung. Sie werden von Anfang an in die Prozesse eingebunden. Kundenbesuche, Messe-Einsätze und Auslandspraktika sind eine Selbstverständlichkeit. Regelmäßiges Feedback gehört zum guten Ton.
Junge Menschen von heute …
… brauchen Perspektiven, fest planbare Ziele und engagierte Wegbegleiter:innen.
Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie für Sie und Ihre Auszubildenden? Arbeiten Sie mobil?
In den ersten Wochen/Monaten herrschte noch eine gewisse Unsicherheit. Prüfungen wurden verschoben, geplante Einsätze gecancelt oder umgeplant. Die technischen Voraussetzungen für mobiles Arbeiten waren schon vorhanden, da alle unsere Auszubildenden schon seit 2019 für ihre Ausbildung einen eigenen Laptop erhalten, den sie in jede Abteilung mitnehmen und darüber hinaus auch für den Schuleinsatz nutzen können.
Innerbetrieblich wurde für jede Abteilung ein Notfallplan erstellt und die Mitarbeiter:innen der einzelnen Abteilungen inklusive der dort eingesetzten Azubis in Gruppen eingeteilt: Die Einsätze sind also im Wechsel in Präsenz sowie im mobilen Arbeiten. Die Fachkräfte vor Ort kommunizieren im mobilen Arbeiten über MS Teams mit den Azubis. Durch viele vorhandene digitale Arbeitsabläufe kann ohne Probleme Arbeit zugewiesen und von zuhause abgearbeitet werden. Selbst gemeinsame virtuelle Kundenbesuche werden auf diesem Weg vor- und nachbereitet. Die Fachinformatiker und Elektroniker arbeiten in der Regel im Büro mit dem nötigen Abstand und Hygienekonzept. Ist hier mobiles Arbeiten notwendig, kann im Bereich IT der First-Level-Support mit abgedeckt werden bzw. in der Elektrotechnik Aufgaben zur Vorbereitung auf die Prüfungen behandelt werden. Alles im engen Austausch über Video-Chat.
Inzwischen hat sich in Schule und Betrieb eine gewisse „Normalität“ eingeschlichen. Arbeit vor Ort, soziale Kontakte, für selbstverständlich gehaltene Abläufe, unser Krisenmanagement… – all das erfährt eine neue Wertigkeit und schweißt uns als Team umso mehr zusammen.
Können Sie sich vorstellen, einige der Veränderungen in die Zeit „nach Corona“ mitzunehmen?
Virtuelle Betriebserkundungen können ein zweites Standbein im Recruiting-Bereich werden. Hier kann mit geringem Zeitaufwand auf das Unternehmen aufmerksam gemacht und interessierte Schüler*innen informiert werden. Sie werden jedoch auf keinen Fall die Präsenzveranstaltungen ersetzen. Der soziale Kontakt vor Ort ist uns überaus wichtig, um den „Funken“ überspringen zu lassen.
Zusammenarbeit, Austausch und Feedback – wie läuft das bei Ihnen?
In regelmäßigen Abständen führe ich Gespräche mit den Azubis. Meine Tür steht für Fragen und Anliegen immer offen. Innerhalb der Einsatzorte werden zur Vorbereitung auf die Beurteilung Beobachtungsbögen genutzt. Mindestens 2-3 Mal gibt die Fachkraft während des Einsatzes ein Feedback. Somit hat der Azubi die Möglichkeit, seine Stärken auszubauen und an noch vorhandenen Schwächen zu arbeiten.
Wie qualifizieren Sie Ihre ausbildenden Fachkräfte?
Alle Fachkräfte nehmen an einem 2-tägigen Workshop zum Thema „Auszubildende zum Erfolg führen“ teil. Es steht entsprechende Fachliteratur zur Verfügung und in regelmäßigen Abständen wird über aktuelle Themen informiert. Seit der Pandemie gibt es viele hilfreiche Online-Seminare, die die Fachkräfte besuchen können. Auch ich selbst habe in den vergangenen Monaten viele Online-Seminare besucht und mein Fachwissen weiter ausgebaut. Gerade die Themen Homeoffice, digitales Lernen und Motivation sind aktueller denn je.
Wie stellen Sie sicher, dass die Ausbildung eine Investition in die Zukunft ist?
Unser Ziel ist es, unsere Auszubildenden in eine Festanstellung zu übernehmen. Wir legen viel Wert auf praxisorientierte Zusatzausbildung. So werden unsere kaufmännischen Azubis gezielt mit den Grundlagen der Elektrotechnik vertraut gemacht und intensiv auf Vertriebsaufgaben geschult. Hierfür wurde deshalb ein GLYN-eigenes Konzept mit gezielten Schwerpunkten entwickelt.
Ich bin besonders stolz auf …
… meinen Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung eines jeden einzelnen Auszubildenden. Während der Ausbildung bei GLYN wird diese gefestigt und Verantwortung für das eigene Handeln übernommen. Es freut mich ungemein, ein Teil von etwas ganz Besonderem zu sein. Es bereichert mein Arbeitsleben, aber auch mich als Privatperson.
Welche Ideen wollen Sie in Kürze realisieren?
Integrierung von GLYN-spezifischen Lernvideos. Weiterer Ausbau von digitalem Ausbildungsmarketing.
Vielen Dank für dieses Interview!
Bianca Amstutz ist seit 2004 “Department Manager Coordination & Training” bei Glyn. Sie betreut hauptamtlich alle Berufsbilder, die bei der Glyn GmbH & Co. KG angeboten werden. Inhaltlich ist sie zuständig für die Ausbildungsberufe Kaufmann für Groß- und Außenhandelsmanagement FR Großhandel und Fachlagerist. Sie betreut aktuell 4 Auszubildende und 3 dual Studierende.
GLYN ist ein auf elektronische Bauteile spezialisierter Distributor, der High-Tech und Vertrieb vereint. Gemeinsam mit unseren Kunden entwickeln wir innovative Produkte und Lösungen am Puls der Zeit. Tiefe technische Kompetenz, verlässliche Prozesse und ausgereifte Logistik führen zu einer kompetenten technischen und kaufmännischen Beratung.
MA-Zahl: ~200, davon 32 Ausbilder/Fachkraft Ausbildung und aktuell 7 Auszubildende und Duale Studenten.
- Kaufleute im Groß- und Außenhandelsmanagement FR Großhandel
- Fachlagerist
- Fachinformatiker FR Systemintegration
- Elektroniker für Geräte & Systeme
- Kooperatives Ing.-Studium Elektrotechnik
Tipp: Lesen Sie auch den Blogartikel Erfolgreiches Azubi-Recruiting in Corona-Zeiten.
Netzwerktreffen: wirAusbilder DIALOG LIVE
Sie möchten mehr über die Ausbildungsarbeit in anderen Unternehmen erfahren und sich mit Berufskolleg:innen vernetzen? Der wirAUSBILDER – DIALOG LIVE ist ein virtuelles Netzwerktreffen für Ausbildungsleiter:innen, Ausbilder:innen und alle, die mit der Ausbildung beauftragt sind.
Bei jedem DIALOG LIVE gibt es zu Beginn einen spannenden Impuls zu verschiedenen Themen aus der Welt der Ausbildung durch einen Experten bzw. eine Expertin.
Im Anschluss erwartet Sie ein offener Erfahrungsaustausch mit allen Teilnehmern. Dabei können Sie eigene Themen aus Ihrer Ausbildungsarbeit einbringen und Fragen stellen.
Die nächsten Themen und Termine finden Sie hier.