Das Ausbildungszeugnis
Was Sie wissen müssen und worauf Sie achten sollten
Jeder Auszubildende hat das Recht auf ein Ausbildungszeugnis – zu ganz unterschiedlichen Anlässen. Ihre Pflicht als Ausbilder ist es, Ihrem Auszubildenden ein ehrliches, wohlwollend formuliertes Zeugnis auszustellen. Aber was bedeutet das konkret – und was muss in einem solchen Zeugnis stehen?
Ihr Auszubildender hat aus verschiedenen Gründen das Recht auf Erstellung eines Zeugnisses, etwa bei vorzeitigem Ausbildungsabbruch bzw. Kündigung, Unternehmenswechsel (z. B. weil Ihr Azubi sich bereits vor Ende seiner Ausbildung in anderen Betrieben bewerben möchte, da er von Ihrem Betrieb nicht übernommen wird bzw. er seine Zukunft in einem anderen Betrieb sieht = sogenanntes Zwischenzeugnis), weil Sie nicht länger für die Betreuung Ihres Auszubildenden zuständig sind (z. B. aufgrund eines Abteilungswechsels oder bei Verbundausbildung beim Wechsel der Firma), wegen Unterbrechung der Ausbildung für längere Zeit (z. B. aufgrund von Elternzeit) oder durch Bestehen der Abschlussprüfung.
Einfaches oder qualifiziertes Zeugnis?
Abhängig von Inhalt und Anlass unterscheidet man – wie bei Arbeitszeugnissen – zwischen einem einfachen Zeugnis und einem qualifizierten Zeugnis. Ein einfaches Ausbildungszeugnis enthält folgende Angaben:
- Nennung des Ausbildungsbetriebs
- Datum der Ausstellung
- Überschrift: „Ausbildungszeugnis“
- Einleitung: Beschreibung des Auszubildenden (Anrede, Vorname, Name, Geburtsdatum und -ort, Ausbildungsberuf, Ausbildungszeitraum mit Beginn und Ende – die rechtliche Dauer, nicht die tatsächliche)
- Tätigkeitsbeschreibung: Art der Ausbildung (betrieblich/außerbetrieblich) mit einer detaillierten Auflistung der Ausbildungsinhalte und der Ausbildungsabteilungen (Achtung: Ein Verweis auf die Ausbildungsordnung genügt nicht!)
- Unterschrift: Ort und Datum, Unterschrift und Name des Ausbildenden, ggf. unter Angabe von Vertretungsbefugnissen (beachten Sie § 16 Abs. 1 BBiG: Haben Ausbildende die Berufsausbildung nicht selbst durchgeführt, so soll auch der Ausbilder oder die Ausbilderin das Zeugnis unterschreiben)
Ein qualifiziertes Ausbildungszeugnis dokumentiert zusätzlich die vom Auszubildenden erlernten Fähigkeiten und enthält eine Bewertung der Leistungen. Nachfolgend sind alle erforderlichen Angaben gelistet:
- Nennung des Ausbildungsbetriebs
- Datum der Ausstellung
- Überschrift: „(Qualifiziertes) Ausbildungszeugnis“
- Einleitung: Beschreibung des Auszubildenden (Anrede, Vorname, Name, Geburtsdatum und -ort, Ausbildungsberuf, Ausbildungszeitraum mit Beginn und Ende – die rechtliche Dauer, nicht die tatsächliche)
- Tätigkeitsbeschreibung: Art der Ausbildung (betrieblich/außerbetrieblich) mit einer detaillierten Auflistung der Ausbildungsinhalte und der Ausbildungsabteilungen (Achtung: Ein Verweis auf die Ausbildungsordnung genügt nicht!)
- Leistungsbeurteilung und besondere fachliche Fähigkeiten: Ausbildungsbereitschaft, Ausbildungsbefähigung, erworbene Kenntnisse und Fertigkeiten, Lern- und Arbeitsweise, Arbeitserfolg (Besonderheiten, z. B. eine vorzeitige Zulassung zur Abschlussprüfung oder besondere ausbildungsrelevante Kenntnisse sollten an dieser Stelle gesondert hervorgehoben
werden) - Führung: Sozialverhalten, Benehmen, Kooperations- und Anpassungsfähigkeit, persönliches Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen
- Prüfung: Ein Hinweis auf die bestandene Abschlussprüfung ist nicht erforderlich (aber üblich), kann jedoch auf Wunsch des Auszubildenden in das Zeugnis aufgenommen werden.
- Beendigungsgrund: Grundsätzlich ist der Beendigungsgrund nur auf Wunsch des Auszubildenden zu nennen. Sofern dem Auszubildenden durch die Nichtnennung des Grundes für die
Beendigung des Ausbildungsverhältnisses ein Nachteil entstehen kann, sollte dieser genannt werden - Schlussformel: Dank für die Zusammenarbeit, Bedauern über Fortgang, Wünsche für die private und berufliche Zukunft des Auszubildenden (auf eine solche Schlussformel besteht kein Anspruch, sie sollte aber insbesondere in einem guten Zeugnis nicht fehlen)
- Unterschrift: Ort und Datum, Unterschrift und Name des Ausbildenden, ggf. unter Angabe von Vertretungsbefugnissen (beachten Sie § 16 Abs. 1 BBiG: Haben Ausbildende die Berufsausbildung nicht selbst durchgeführt, so soll auch der Ausbilder oder die Ausbilderin das Zeugnis unterschreiben)
Ohne Aufforderung des Auszubildenden ist der Ausbildungsbetrieb nur zur Erstellung eines einfachen Ausbildungszeugnisses verpflichtet. Üblich ist es jedoch, ein qualifiziertes Zeugnis zu erstellen.
Gut zu wissen!
Das Zwischenzeugnis:
Wechselt Ihr Auszubildender den Ausbildungsbetrieb oder möchte er sich vor dem Ende seiner Ausbildung bereits in einem anderen Betrieb bewerben, so hat er das Recht, von Ihnen ein qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erhalten. Ein Zwischenzeugnis wird nicht in der Vergangenheitsform formuliert, sondern im Präsens, da die Ausbildung noch nicht beendet ist. „Er erfüllt seine Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit.“
§ 16 BBiG Zeugnis:
(1) Ausbildende haben den Auszubildenden bei Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses ein schriftliches Zeugnis auszustellen. Die elektronische Form ist ausgeschlossen. Haben Ausbildende die Berufsausbildung nicht selbst durchgeführt, so soll auch der Ausbilder oder die Ausbilderin das Zeugnis unterschreiben.
(2) Das Zeugnis muss Angaben enthalten über Art, Dauer und Ziel der Berufsausbildung sowie über die erworbenen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten der Auszubildenden. Auf Verlangen
Auszubildender sind auch Angaben über Verhalten und Leistung aufzunehmen
Zeugnissprache
Ein Zeugnis unterliegt der Wahrheits- und Klarheitspflicht. Gleichzeitig hat Ihr Auszubildender das Recht auf ein wohlwollend formuliertes Zeugnis – das heißt, Sie dürfen keine negativen Formulierungen benutzen. Es bedeutet jedoch nicht, dem Auszubildenden für Arbeiten Lob auszusprechen, obgleich er dieses nicht verdient hat. Für die wohlwollende Formulierung von (Arbeits-)Zeugnissen existiert eine spezielle Zeugnissprache, besonders bekannt – und vom BAG akzeptiert – sind die folgenden Formulierungen:
Das gehört nicht in ein Zeugnis
Angaben zu Krankheit, Privatleben oder Straftaten, die in keinem Bezug zur Ausbildung in Ihrem Betrieb stehen, dürfen nicht gemacht werden. Grundsätzlich nicht erlaubt sind Geheimcodes, z. B.:
- Angabe einer Telefondurchwahl oder E-Mail-Adresse des Vorgesetzten („Es gibt noch etwas mündlich hinzuzufügen“).
- Mehrere Punkte am Satzende („Es gäbe dazu noch mehr zu sagen“).
- Handschriftliche Unterschrift unterhalb des gedruckten Namens („Es handelt sich um einen unterdurchschnittlichen Mitarbeiter“).
- Anführungszeichen, Ausrufezeichen, Unterstreichungen, Kursivsatz und Fettungen im Text weisen auf das Gegenteil der Aussage hin und sind daher ebenfalls nicht erlaubt.
Zeitnahe Erstellung
Sie müssen Ihrem Auszubildenden das Ausbildungszeugnis zeitnah (mit Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses, d. h. am letzten Tag der Ausbildung) aushändigen, es ergeht somit Ihre Pflicht, das Ausbildungszeugnis auch zeitnah und ohne Aufforderung Ihres Auszubildenden anzufertigen. Händigen Sie Ihrem (ehemaligen) Auszubildenden das Zeugnis nicht oder nicht rechtzeitig aus, kann Ihr Auszubildender beim Arbeitsgericht auf Erteilung eines Zeugnisses klagen. Außerdem kann er einen nachweislichen finanziellen Schaden, der ihm durch die Nicht- oder Falschausstellung seines Zeugnisses
entsteht, gerichtlich geltend machen.
Fazit
Betrachten Sie jedes Zeugnis als Visitenkarte Ihres Unternehmens: Bedenken Sie, dass ein von Ihnen ausgestelltes Zeugnis bei der nächsten Bewerbung Ihres Auszubildenden eine positive Außenwirkung haben sollte.
Quelle: wir Ausbilder 1/2016, S. 22-24.
Autorin: Sina Dorothea Hankofer.
Kommentare
:….das Messer schneidet immer in 2 Richtungen.
Ich bin Ausbilder und finde es inzwischen mehr als lächerlich, wenn man auf ein gut gemeintes 1-2 Zeugnis von einem Azubi ein von ihm selbst verfasstes Zeugnis (besser gesagt eine Lobeshymne) erhält mit der Aussage, er/sie habe ein “sehr gut” als Prüfungsergebnis erzielt, somit den Anspruch auf ein EXZELLENTES Zeugnis. Hier wird es dann zur Farce.
Vorgeschriebene Zeugnisse stoßen da nicht auf Gegenliebe sondern zeugen von massiver Arroganz und Selbstüberschätzung.
Im Übrigen muss auch nicht dauernd unterstellt werden, dass ein Ausbilder absichtlich ein “schlechtes” Zeugnis verfasst hat. Die Nickeligkeiten in der Zeugnissprache sind heutzutage eine Gratwanderung. Hält man sich an die braven Standards (erfüllte stets zur größten Zufriedenheit…) dann bringt mir als Personalentscheider so ein Zeugnis null. Interessanter sind Zeugnisse, die sichtbar “echt” geschrieben wurden. Ebenfalls die Würdigung einzelner hervorhebenswerter Leistungsbeispiele aus der Lehrzeit sind sehr gut. ABER: jedes Wort auf der Goldwaage ist dann Sprengstoff.
Nicht jeder hat eine Personalabteilung, in der Spezialisten sitzen die nichts anderes zu tun haben, als sich mit den Neuesten Errungenschaften der gesetzeskonformen Zeugnissprache zu beschäftigen.
Fazit:
Wir haben keine Lust mehr auf Azubis. Sie rauben einem die Zeit mit Diskussionen. Das Thema Wertschätzung wird leider ausschließlich von Ausbildern erwartet. Die Azubis, die wir bisher bei uns hatten, haben trotz Sonderfreiheiten nie so etwas wie ein Dankeschön abringen können. Ausbildungen kosten desweiteren richtig viel Geld. Legt man die Betreuungszeit und die Kosten mal auf die tatsöächlch gearbeiteten Betriebsstunden um, dann entspricht das einem voll ausgebildeten Mitarbeiter. Auch ein guter Ausbildungsplatz ist wertvoll.
Hallo Jeff, es tut mir leid, dass Sie schlechte Erfahrungen mit Ihren Auszubildenden gemacht haben. Vielleicht mögen Sie sich mit Ausbilder:innen aus anderen Unternehmen austauschen, wie sie in solchen Situationen reagieren oder nach welchen Kriterien Auszubildende ausgewählt werden etc.? Treten Sie gern unserer LinkedIn-Gruppe bei oder nehmen Sie an einem unserer Online-Netzwerktreffen teil.
Viele Grüße, Ihr wirAUSBILDER-Team!
Eine schöne Zusammenfassung der relevanten Schwerpunkte hier. Leider fällt immer häufiger auf, das viele Zeugnisse einfach akzeptiert und kommentarlos angenommen werden obwohl häufig formelle und/oder strukturelle Fehler oder Auffälligkeiten erkennbar sind. Die Rechnung hierfür zahlt der ehemalige Azubi dann häufig im Bewerbubgsprozess in welchem er dann mit unangenehmen Fragen konfrontiert wird oder im schlimmsten Fall trotz guter Qualifikationen und erfolgreichem Abschluss aufgrund zweideutiger Formulierungen im Zeugnis gar nicht erst zum Vorstellubgsgespräch eingeladen wird. Also: immer genau hinsehen – in den meisten Fällen meint es der Ausbildungsbetrieb gar nicht böse, Schwachstellen im Zeugnis sollten aber untersucht und bestenfalls beseitigt werden.