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Erkenntnisse aus dem DGB-Ausbildungsreport 2024

Der DGB-Ausbildungsreport 2024 wurde vor Kurzem veröffentlicht. Die große Studie der DGB-Jugend gibt jungen Menschen eine Stimme und macht Schwachstellen im dualen Ausbildungssystem sichtbar. Schwerpunkt in diesem Jahr: Ausbilder:innen und Ausbildungsmethoden. Wir haben die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst und geben Tipps für Ausbildungsbetriebe.

©grinny – stock.adobe.com

Zusammenfassung der wichtigsten Punkte aus dem DGB Ausbildungsreport 2024.

Ausbildungsqualität und Ausbildungszufriedenheit

Erfreulich ist, dass fast 70 % der befragten Auszubildenden “zufrieden” oder sogar “sehr zufrieden” mit ihrer Ausbildung sind.

Abhängig von Branche und Beruf zeigen sich jedoch erneut deutliche Unterschiede bei der Ausbildungszufriedenheit: Während die Zufriedenheit in technischen Berufen hoch ist, ist die Zufriedenheit der Azubis im Hotel- und Gaststättengewerbe erneut eher schlecht. Ausschlaggebend hierfür sind häufig die Arbeitszeiten, geleistete Überstunden und das Gehalt.

Rolle der Ausbilder:innen

Eine deutliche Mehrheit bewertet die fachlichen Anleitungen positiv. 67,4 % sind zufrieden mit Erklärungen von Aufgaben und Arbeitsvorgängen sowie der Erreichbarkeit ihrer Ausbilder:innen.

Problematisch ist allerdings häufig das fehlende, regelmäßige Feedback. Nur wenige Auszubildende (15,4 %) tauschen sich wöchentlich persönlich mit den zuständigen Ausbilder:innen aus und erhalten Feedback. Feedback und Austausch sowie das Eingehen auf individuelle Lernbedürftnisse beeinflussen jedoch die Zufriedenheit und Motivation von Auszubildenden deutlich.

Weniger als die Hälfte der Auszubildenden (45,1 %) erhält “mindestens einmal im Monat” eine persönliche Rückmeldung zum Stand ihrer Ausbildung. Und  10,9 % der Azubis berichten, dass ihre Ausbilder:innen “nie” oder “selten” anwesend oder zu erreichen sind. Dies beeinträchtigt die Ausbildungsqualität stark.

Lesetipps

Feedback nur mit Verhaltensbeispiel

Empowerment in der Ausbildungspraxis

Unterricht in Berufsschulen

Schlechter als die betriebliche Ausbildung wird die Qualität des Berufsschulunterrichts bewertet: Nur knapp über die Hälfte der Auszubildenden (55,4 %) bewertet den Unterricht mit „gut“ oder „sehr gut“. Insbesondere die methodische Gestaltung und die (fehlende) Digitalisierung werden bemängelt.

Überstunden und Arbeitsschutz

Über ein Drittel (34,5 %) der Studien-Teilnehmer:innen gab an, regelmäßig Überstunden zu leisten, was die Zufriedenheit negativ beeinflusst. Hier ist sogar ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen.

Sogar 27,4 % der minderjährigen Auszubildenden wurden zu regelmäßiger Mehrarbeit herangezogen. Siehe zu den Arbeitszeiten von Minderjährigen § 8 Jugendarbeitsschutzgesetz

Regelmäßige ausbildungsfremde Tätigkeiten bemängeln 15,3 % der Azubis – auch dieser Wert ist gestiegen. DGB-Bundesjugendsekretär Kristof Becker warnte auf der DGB-Pressekonferenz am 22. August: “Für die Azubis heißt das ganz einfach, dass ihnen Zeit für die eigentlichen Ausbildungsinhalte fehlt. Letztlich gefährdet dies den erfolgreichen Ausbildungsabschluss.”

Übernahmeperspektiven

Auch unklare Übernahme-Perspektiven nach der Ausbildung beeinträchtigen die Zufriedenheit. In der Befragung gaben 55,7 % der Auszubildenden an, nicht zu wissen, ob sie nach ihrer Ausbildung übernommen werden oder nicht.

Info zur Studie: Bundesweit wurden 10.289 Auszubildende aus den 25 am häufigsten gewählten Ausbildungsberufen im dualen System von der DGB-Jugend im Rahmen ihrer Berufsschultour befragt. Daraus ergibt sich eine repräsentative und detaillierte Datenbasis zur Bewertung der Ausbildungssituation. Die Studie wurde auch in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit dem Institut für sozialpädagogische Forschung (ism) in Mainz erstellt.

©Vitalii Vodolazskyi – stock.adobe.com

Tipps zur Verbesserung der Ausbildungsqualität

  1. Zeit und Ressourcen einplanen: Es lohnt sich, in die Betreuung der Auszubildenden Zeit zu investieren! Ausbilder:innen benötigen Zeit und Ressourcen für regelmäßiges und konstruktives Feedback und individuelle Lernbegleitung.
  2. Betreuungsschlüssel: Ein Betreuungsverhältnis von 1:8 für hauptberufliches Ausbildungspersonal gewährleistet eine qualitativ hochwertige Betreuung.
  3. Pädagogisch und methodische Schulung: Ausbilder:innen sollten auch pädagogisch und methodisch geschult sein, um die Auszubildenden bestmöglich zu unterstützen und ihnen die ausbildungsrelevante Tätigkeiten sowohl verständlich als auch interessant zu vermitteln und auch auf individuelle Lernbedürfnisse adäquat einzugehen. Eine moderne Ausbildung erfordert regelmäßige Fort- und Weiterbildung.
  4. Regelmäßiges Feedback: Geben Sie Ihren Auszubildenden mindestens 1x pro Monat ein strukturiertes Feedback. Zusätzlich ist regelmäßiger, mindestens wöchentlicher Austausch wichtig. Dies erhöht nicht nur die fachliche Qualität und den nachhaltigen Lernerfolg, sondern auch die Motivation der Azubis. Stichwort Wertschätzung!
  5. Ausbildungsfremde Tätigkeiten vermeiden: Auszubildende sind keine “billigen Arbeitskräfte”. Sie sollten entsprechund nur Tätigkeiten übertragen, die dem Ausbildungsziel des jeweiligen Ausbildungsberufs dienen. Planen Sie entsprechend in jeder Abteilung konkrete Aufgaben und gleichen Sie sie mit den Ausbildungsrahmenplänen ab.
  6. Moderne Methoden und Digitalisierung: Projektarbeit, Plan- und Projektspiele oder digitale Lernplattformen sollten regelmäßig zum Einsatz kommen. So fördern Sie die Selbstlernkompetenz der Azubis und fördern selbstständiges Handeln und bereiten sie bestmöglich auf zukünftige Herausforderungen vor.
  7. Überstundenausgleich: Vermeiden Sie, dass Auszubildende Mehrarbeit leisten (müssen). Kommt es doch phasenweise vor, sollten diese Überstunden dokumentiert werden und zeitnah durch Freizeit oder Bezahlung ausgeglichen werden. Kommunizieren Sie die entsprechenden Regelungen auch klar, damit Azubis nicht verunsichert sind.
  8. Berufsschule und Betrieb verzahnen: Tauschen Sie sich regelmäßig mit den Lehrer:innen der Berufsschule aus. Sie können durch zusätzliche Schulungen oder digitale Lern-Angebote den Stoff aus der Berufsschule ergänzen oder vertiefen. Auch durch praktische Tätigkeiten, die zu dem in der Berufsschule aktuell thematisierten Stoff passen, kann die Motivation und Ausbildungsqualität erhöht werden.
  9. Übernahmeperspektiven: Besprechen Sie frühzeitig (!) mit ihren Auszubildenden mögliche Übernahmemöglichkeiten nach der Ausbildung. Dies sorgt für Planbarkeit und erhöht auch die Motivation der Azubis.

Durch die Erkenntnisse aus dem DGB-Ausbildungsreport und Umsetzung dieser Maßnahmen können Sie als Ausbildungsunternehmen die Ausbildungsqualität deutlich steigern, was zu einer höheren Zufriedenheit und langfristig zu einem erfolgreichen Übergang der Azubis ins Berufsleben führt.


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