10 Tipps, um Ihre betriebliche Ausbildung in Krisenzeiten zu organisieren
Ausbilder und Azubis sind von der derzeitigen Situation besonders betroffen. Denn jeder Ausbilder weiß aus eigener Erfahrung, dass Azubis besonders gut lernen, wenn man sie möglichst viel einbindet. Aber wie soll man das tun, wenn gerade händeringend versucht wird, das Alltagsgeschäft aufrecht zu erhalten oder Betriebe geschlossen sind?
Recruiting in Krisenzeiten: Neue Azubis finden und binden
1. Ermöglichen Sie Videointerviews
Die derzeitige Kontaktsperre bedeutet auch, dass persönliche Gespräche aufgeschoben werden müssen. Glücklicherweise leben wir in einer Welt, in der technisch bereits sehr viel möglich ist. Ermöglichen Sie Videointerviews für Feedbackgespräche und um die Bindung aufrecht zu erhalten, die für die Azubis leichter verloren geht, wenn Sie nur per E-Mail kommunizieren. Nutzen Sie dafür am besten ein Programm, das auch für die Azubis leicht zugänglich und kostenfrei ist, z. B. Skype, Microsoft Teams oder Facetime. Stimmen Sie jedoch die Nutzung vorher mit Ihrem Datenschutzbeauftragten ab.
2. Seien Sie verbindlich und transparent!
Auch Azubis haben in diesen Zeiten Zukunftsängste. Krisen wie diese sorgen für eine hohe Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit und Insolvenzen. Jobs, die sicher schienen, geraten plötzlich heftig ins Wanken. Seien Sie daher transparent gegenüber Ihren Azubis und versuchen Sie so diese Ängste und Sorgen zu minimieren.
3. Vernetzen Sie die neuen Azubis untereinander
Bis zum Ausbildungsstart ist es noch etwas hin. Netzwerktreffen oder Sommerfeste müssen zurzeit leider ausfallen. Damit Ihre neuen Azubis mit ihren Fragen und Gedanken nicht alleine sind, macht es Sinn die neuen Azubis untereinander zu vernetzen. Legen Sie beispielsweise hier eine Facebook Gruppe oder WhatsApp Gruppe an damit die neuen Azubis sich schon einmal kennenlernen können oder organisieren sie ein digitales Kennenlern-Event auf Zoom bei dem auch die Eltern teilnehmen dürfen. Achtung: Auch hier sollten Sie sich datenschutzrechtlich absichern und Ihren Datenschutzbeauftragten einbinden. Die Vernetzung der Azubis untereinander verhindert auch, die „No-Show-Rate“ am ersten Ausbildungstag durch eine stärkere Bindung.
Ausbildung bestehender Azubis fortsetzen
4. Bleiben Sie in Kontakt und binden Sie Azubis aktiv ein!
Ausbildung sollte nicht im Homeoffice stattfinden, dennoch tut sie das zurzeit für Einige. Als Ausbilder ist es weiterhin Ihre Pflicht, Ihre Azubis auszubilden und anzuleiten. Bleiben Sie daher in engem Kontakt. Rufen Sie Ihre Auszubildenden regelmäßig an, tauschen sich aus. Planen Sie diese Kontaktpflege bestenfalls als fixe Termine für sich ein. Ihre Azubis sind zwar mit Aufgaben von den Berufsschullehrern und Ihnen als Ausbilder versorgt, aber auch in der Ausbildung ist es wichtig zu wissen, wie der Status Quo im Unternehmen ist. Welche (personellen) Veränderungen gibt es? Welche Kunden, Aufträge oder Ziele stehen gerade im Fokus? Binden Sie Ihre Azubis daher aktiv in Besprechungen ein, auch wenn diese ab und an nur stille Zuhörer sein werden.
5. Erleichtern Sie es den Azubis, Fragen zu stellen.
Nicht jeder Azubi traut sich regelmäßig zum Telefonhörer zu greifen, wenn er eine Aufgabe nicht versteht oder ist dann bei der dritten Rückfrage unsicher, ob er wirklich nochmal anrufen darf. Finden Sie daher Wege, wie Ihr Azubi Fragen unkompliziert loswerden kann. Teilen Sie beispielsweise Azubis im ersten Lehrjahr einen fortgeschrittenen Azubi als Paten zu, bitten Sie Fachkräfte, dass die Azubis ihnen bei einzelnen Aufgaben virtuell über die Schulter schauen dürfen, indem sie jeden ihrer Arbeitsschritte und Denkwege laut kommentieren. Versuchen Sie immer ein offenes Ohr zu haben oder vereinbaren Sie verbindliche Feedback-Termine. Welcher Weg der richtige ist, wird sich sicher je nach Unternehmenskultur, Branche und auch Azubi schnell herauskristallisieren.
6. Vergessen Sie auch die Ausbildungsbeauftragten nicht!
Installieren Sie einen wöchentlichen Austausch mit allen Ausbildungsbeauftragten, z. B. per Video-Konferenz. Sensibilisieren Sie die ABBs, wie wichtig ihre Aufgabe gerade in dieser besonderen Zeit ist, und, dass dies keinesfalls bedeutet, dass die betriebliche Ausbildung „pausiert”. Sie können beispielsweise online Video-Konferenzen realisieren. Viele Anbieter bieten ihre Services derzeit kostenfrei an.
7. Zeigen Sie Verbindlichkeit und seien Sie transparent! Auch Azubis haben in diesen Zeiten Zukunftsängste.
Krisen wie diese sorgen für eine hohe Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit und Insolvenzen. Jobs, die sicher schienen, geraten plötzlich heftig ins Wanken. Seien Sie daher transparent gegenüber Ihren Azubis und versuchen Sie so diese Ängste und Sorgen zu minimieren.
8. Ermöglichen Sie Vernetzung der Azubis untereinander
Der Austausch mit Ihnen als Ausbilder ist wichtig, aber auch untereinander sollten Azubis sich vernetzen. Nicht immer passiert dies automatisch. Fördern Sie daher den Austausch der Azubis untereinander: Beispielsweise ein Montagmorgen-Call, in dem Azubis einander berichten, woran sie gerade arbeiten. Oder eine virtuelle Kaffeepause, die einen Austausch möglich macht. Sie könnten immer eine Vorbereitungsfrage als Impuls geben, z. B. „Was hat mich diese Woche am meisten gefordert? Was habe ich diese Woche gelernt? Oder was vermisse ich derzeit?“ So ist immer ein erstes Gesprächsthema da und sie werden als Ausbilder die Bedarfe der Azubis schnell feststellen können. Sie sollten sich als Ausbilder nach einiger Zeit aus dem Gespräch ausklinken oder den Austausch von Beginn an ganz auf die Azubis übertragen.
9. Bieten Sie eine „Lern-Sprechstunde” an
Arbeitnehmer müssen in diesen Tagen auf den direkten Austausch mit ihren Kollegen verzichten – für einige Zeit kann man das noch verschmerzen. Azubis allerdings verzichten auch noch auf ihre Mitschüler und damit ggf. auch auf ihre Lerngruppe. Stärken Sie vor allem Ihren Azubis den Rücken und bieten Sie beispielsweise eine „Lern-Sprechstunde” an. Denn egal, in welchem Lehrjahr sich Ihre Azubis befinden – die Schule wird irgendwann weitergehen. Und bis dahin gibt es weiterhin Lernstoff, der aufgearbeitet und verstanden werden muss. Helfen Sie an dieser Stelle mit Praxiswissen, wo Klärungsbedarf besteht.
10. Nutzen Sie frei gewordene Arbeitszeit.
Eventuell sind Sie in einer Branche tätig, die aktuell besonders davon getroffen ist, dass viele Tätigkeiten nicht ausgeführt werden – sei es im Einzelhandel, Handwerk oder Bildungsbetrieb. Hier ist es möglich, Lerninhalte vorzuziehen. Eventuell kann der Azubi einer anderen Abteilung zugewiesen werden oder sie konzentrieren sich auf theoretische Lerninhalte. Es gibt eine Vielzahl digitaler Lernangebote für Azubis, auf welche Sie zurückgreifen könnten.
Eine exemplarische Übersicht finden Sie hier:
Anbieter | Erläuterung |
Vocanto | Vocanto ist eine E-Learning-Plattform, welche Prüfungsthemen verschiedener Ausbildungsberufe mithilfe von 3-D-Modellen veranschaulicht. Vocanto ist sowohl für die Aus- als auch für die Weiterbildung in technischen, elektronischen und IT-Berufen geeignet. Eine mobile Nutzung der E-Learning-Plattform ist möglich. |
Electude | Electude bietet ein Online-Lernangebot, welches zur Unterstützung für Auszubildene im KFZ-Bereich konzipiert wurde. |
Prozubi | Prozubi ist eine Online-Lernplattform, welche auf Auszubildende im kaufmännischen Bereich zugeschnitten ist. Hier können Auszubildende online für die Abschlussprüfung lernen und sich auf ihre IHK-Prüfung vorbereiten. |
Prüfungs.tv | Prüfungs.tv ist explizit auf Auszubildende im kaufmännischen Bereich zugeschnitten. Mithilfe von Videos und Übungsaufgaben werden die Auszubildenden auf die Zwischen- und Abschlussprüfungen vorbereitet. Eine mobile Nutzung der E-Learning-Plattform ist möglich. |
Absolvio | Absolvio hat sich auf die Vorbereitung für die Abschlussprüfung in kaufmännischen Ausbildungsberufen spezialisiert. Anhand von Übungsaufgaben und Lernpaketen werden die Auszubildenden auf die Prüfungen vorbereitet. Eine mobile Nutzung der E-Learning-Plattform ist möglich. |
GEORG | GEORG ist ein umfangreiches Lern- und Organisationsportal für die Ausbildung. Die Lerninhalte werden multimedial und videobasiert vermittelt. Verfügbar für kaufmännische und technische Ausbildungsberufe. Eine mobile Nutzung der E-Learning-Plattform ist möglich. |
Es ist auch möglich, die betriebliche Ausbildung in eine Teilzeitausbildung umzuwandeln. Versuchen Sie dies aber eher als letzten Ausweg zu sehen. Sprechen Sie mit Ihrem Azubi und auch der örtlichen IHK über die Möglichkeiten. Teilzeitberufsausbildungen sind nach § 7a BBiG zu vereinbaren und ermöglichen es, die tägliche oder wöchentliche Ausbildungszeit um bis zu 50 Prozent zu reduzieren. Auch die Ausbildungsvergütung kann entsprechend gekürzt werden.
Autorinnen:
Melanie Marquardt und Maren Kaspers vom Team HR