Nicht über Migranten reden, sondern mit ihnen!
In der Türkei geboren, kam Mustafa Yaman 1973 nach Deutschland. Der gelernte Werkzeugmacher absolvierte Meisterprüfung, Fachabitur und ein berufsbegleitendes Fachhochschulstudium zum Dipl.-Wirtschaftspsychologen, bevor er bis 2013 für den Integrationsbeirat der Bundesregierung tätig war. Auch privat engagiert er sich sehr für Integration.
Warum und wie engagieren Sie sich?
Deutschland ist ein Schlaraffenland in puncto Bildung – das habe ich selbst erfahren. Aber die duale Berufsausbildung und auch die Möglichkeiten danach, sind vielen jungen Menschen nicht bekannt. Ich möchte der Gesellschaft etwas zurückgeben, indem ich das duale System bekannt(er) mache. Seit Jahren berichte ich in Moscheen, Migrations-, Kultur- und Sportvereinen über die duale Berufsausbildung und informiere Jugendliche und auch deren Eltern über das duale System allgemein, die Anforderungen an ein Bewerbungsschreiben, den Ablauf eines Vorstellungsgesprächs usw. Außerdem coache ich ehrenamtlich Jugendliche im Kreis Aachen/Düren und Heinsberg, die „nicht ausbildungsreif“ sind. So lernen junge Menschen, ihre Zukunft zu gestalten und das beugt dem Fachkräftemangel vor.
Was sind Ihre Erfahrungen zum Thema Ausbildung?
Ich habe mich nach meinem Hauptschulabschluss 1985 um einen Ausbildungsplatz bemüht. Aber erst nach 60 Absagen habe ich einen bekommen. Bei der Berufswahl wusste ich auch nicht, dass es über 350 Ausbildungsberufe gibt. Hier habe ich mich an Empfehlungen meiner Freunde orientiert.
Welche Vorurteile gibt es gegenüber Flüchtlingen/Migranten?
Meiner Erfahrung nach fehlt es an Offenheit und Respekt in der Gesellschaft, insbesondere auch im Personalwesen. Kaum ein Personal- oder Ausbildungsleiter hat Kontakt zu Migranten, aber Vorurteile existieren trotzdem (schlechte Sprachkenntnisse, Kultur passt nicht, sind demotiviert und desinteressiert).
Was sollten Ausbildungsbetriebe tun?
Offener sein! Ausbilder sollten Kontakt zu Multiplikatoren suchen, die in der Migrations-Community vernetzt sind – so können Vorurteile abgebaut werden und tolle Kontakte entstehen. Wenn es passt, bekommen die Betriebe einen bilingualen Mitarbeiter mit hoher Kulturkompetenz – das ist ein großer Vorteil. Auch eigene Mitarbeiter mit Migrationshintergrund können als Multiplikatoren und Botschafter für die duale Ausbildung eingesetzt werden.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Ich kann es nicht oft genug betonen: Mehr Respekt und Offenheit. Auch sage ich den Jugendlichen immer, sie sollen selber aktiv werden und sich persönlich bei den Unternehmen vorstellen. Das macht einen guten Eindruck und baut Vorurteile ab. Keine Opferrolle einnehmen und denken: „Die haben eh Vorurteile und nehmen mich nicht.“
Wie sähe Ihr Plan für die Integration der Flüchtlinge in die Arbeitswelt aus?
Vor dem Einstieg in das Berufsleben sollten Flüchtlinge ca. zwei Jahre in Deutschland sein und die Sprache erlernen. Denn sich im Alltag verständigen zu können ist etwas anderes als die Sprache, die man im Berufsalltag benötigt. Anschließend könnten sie z. B. eine zweijährige Ausbildung machen (das Niveau ist niedriger als die 3,5-jährige).
Zur Person:
Name: Mustafa Yaman
Unternehmen: MHWirth GmbH
Position: verantwortlicher Ausbildungsleiter seit 2012
Pate: Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ der Dr.-Theo-Schöller-Mittelschule, Nürnberg
Ehemaliger Gesc häftsführer und Gründer: IBA Integrations- und Bildungsakademie GmbH
Das Interview erschien im Magazin wirAusbilder, Heft 3 2016, S. 22.
Lernen Sie Herrn Yaman persönlich kennen und diskutieren Sie mit ihm beim 1. wirAusbilder-Kongress in Frankfurt/Main.