Wie viele Azubis profitieren vom Mindestlohn?
Im Durchschnitt erhalten Auszubildende in Deutschland 721 Euro im Monat. Je nach Branche und Region können die Abweichungen davon allerdings erheblich sein. Deshalb möchte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek einen Azubi-Mindestlohn einführen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und mittlerweile sogar die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) haben sich ebenfalls für eine Mindestvergütung ausgesprochen. Nur über die Höhe gibt es unterschiedliche Ansichten. Der DGB hat deshalb untersucht, wie viele Azubis von welchem Mindestlohn profitieren würden.
Gehaltsunterschiede zwischen den Ausbildungsberufen sind groß
Während angehende Beton- und Stahlbauer mit knapp 1.100 Euro schon zu den Gutverdienern gehören, sieht es bei den Friseur- und Fleischer-Azubis nicht so gut aus: unter 400 Euro verdienen sie pro Monat im Schnitt. Gleichzeitig fehlt es überall an Bewerbern für offene Ausbildungsstellen – so wird der Mindestlohn als eine gute Möglichkeit diskutiert, die duale Berufsausbildung attraktiver zu machen. Die Vorstellungen darüber, wie hoch dieser sein soll, sind aber unterschiedlich.
Vorstellungen von der Mindestlohnhöhe weichen ab
Anja Karliczek schlug, in Anlehnung an das Schüler-Bafög, 504 Euro pro Monat als Einstiegsniveau vor. Der DGB fordert zunächst 635 Euro, hat aber mittlerweile auf 660 Euro erhöht. Das entspricht mindestens 80 Prozent des tariflichen Durchschnittsgehalts von Azubis. Die Arbeitgeber schlagen für das erste Lehrjahr 435 Euro brutto vor – mehr sei insbesondere kleineren Betrieben nicht zuzumuten.
Über 3.700 Azubis erhalten weniger als 435 Euro pro Monat
Der DGB hat berechnen lassen, wie viele der aktuell 1,196 Millionen Auszubildenden von den verschiedenen Mindestlohn-Modellen profitieren würden. Bei dem Modell der Arbeitgeber (435 Euro pro Monat) würden demnach 3.732 Azubis eine Gehaltserhöhung bekommen. Das sind 0,31 Prozent aller Azubis. Bei dem Vorschlag von Anja Karliczek (504 Euro) profitieren 26.190 Azubis von mehr Geld, das wären 2,19 Prozent. Beim DGB-Modell (660 Euro) würden 125.749 Azubis mehr Gehalt bekommen – also 10,6 Prozent.
Hochglanz-Kampagnen allein helfen nicht
Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack spricht sich für einen Azubi-Mindestlohn aus. Er helfe vor allem dort, wo Arbeitgeber sich weigern, mit Gewerkschaften über die Höhe der Vergütung zu verhandeln. “Wer dagegen seine Azubis anständig bezahlt, braucht die Einführung einer Mindestvergütung nicht zu fürchten.” Hochglanz-Kampagnen allein helfen nicht, die allgemeine Wertschätzung der dualen Berufsausbildung zu erhöhen.
Quelle: www.spiegel.de vom 07.03.2019.