Fachkräfte halten: Ausbildung und Abitur gleichzeitig
Gerade in ländlichen Regionen ist es für die Unternehmen schwierig, junge Menschen für eine Ausbildung zu begeistern und damit auch als künftige Fachkraft zu halten. Im bergischen Hückeswagen haben sich deshalb vor acht Jahre die Betriebe vor Ort zusammengeschlossen, um die Ausbildung mit dem Angebot, gleichzeitig das Abitur zu erreichen, attraktiver zu machen.
“Wer erstmal in Köln ist, kehrt nicht mehr zurück”
Denn die Erfahrung zeigte bis dahin: “Wenn die Leute erst einmal in Köln sind, kehren sie kaum ins Bergische zurück”, so Dieter Schruff, Mitbegründer und pädagogischer Beirat der “Privatschule Bergischer Unternehmen”. Im Gebäude eines ehemaligen Krankenhauses wurde 2010 das Berufskolleg Hückeswagen eingerichtet. Dort können die Azubis auf Wunsch neben ihrer Ausbildung in einem der heimischen Unternehmen auch das Abitur machen.
Fachabitur und Abitur sind parallel möglich
In dem Berufskolleg, das als gemeinnützige GmbH gegründet wurde, lernen künftige Industriekaufleute und -mechaniker zunächst wie in einer Berufsschule. Wer über Fachoberschulreife verfügt, kann sich außerdem entscheiden, parallel zur Ausbildung auf das Fachabitur, nach der Ausbildung in einem finalen Jahr sogar auf das Abitur vorzubereiten. Bei aktuell 110 Schülern gehen rund ein Drittel diesen Weg in drei bis vier Jahren.
Alle Beteiligten tragen finanziell zum Schulbetrieb bei
15 Mitarbeiter kümmern sich um den Betrieb in der Schule. Alle Klassenräume sind mit digitalen Whiteboards und Laptops für die Schüler ausgestattet, Internetzugang ist selbstverständlich. Das Kolleg erhält als staatlich anerkannte Ersatzschule Landesmittel, die beteiligten Unternehmen zahlen einen kleinen Teil dazu. Auch die Schüler tragen mit einem Teil der monatlichen Ausbildungsvergütung zu einem modernen Unterricht bei.
Hückeswagener Azubis regelmäßig bei den Bestenehrungen
Die Kölner Industrie- und Handelskammer sieht das private Modell in der Nachbarschaft positiv: “Da regelmäßig Azubis aus dem Berufskolleg bei der Bestenehrung sind, können wir feststellen, dass die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Berufskolleg sehr erfolgreich funktioniert”, sagt der Ausbildungsleiter Christoph Meier. Die Ausbilder in der Schule erklären den Erfolg des Modells so: “So rasant, wie sich alles entwickelt, so schnell muss sich auch die Ausbildung anpassen. Ich muss eine Schule am Ort haben, die eben nicht träge ist”, sagt Alexander Geist, der in Hückeswagen die kaufmännische Ausbildung betreut. Heute müsse man jungen Leuten einen Mehrwert bieten und gleichzeitig den Unternehmen zu Diensten sein.
Quelle: www.zeit.de vom 26.12.2019