Berufswechselkündigung durch Auszubildenden
Auszubildende können das Ausbildungsverhältnis mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen kündigen, wenn sie die Berufsausbildung aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen wollen. Warum auch eine längere Kündigungsfrist rechtens sein kann, zeigt ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts.
Vier Wochen oder länger?
Das BAG hat mit Urteil vom 22. Februar 2018 (6 AZR 50/17) über die Kündigung eines Auszubildenden entschieden, der am 4. Januar 2016 nach rund fünfmonatiger Ausbildungszeit zum 29. Februar 2016 gekündigt hatte. Er hatte sich für einen anderen Berufsweg entschieden und wollte die derzeitige Ausbildung aufgeben. Der Ausbildungsbetrieb vertrat jedoch den Standpunkt, dass das Ausbildungsverhältnis durch die Kündigung bereits am 2. Februar 2016 geendet habe – also nach den gesetzlich festgelegten vier Wochen.
Keine zwingende Frist für Azubis
Das BAG teilte diese Auffassung nicht und urteilte, dass § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG keine zwingende Kündigungsfrist festlege, die vom Auszubildenden nicht überschritten werden dürfe. Deshalb dürfe der Auszubildende bei einer Berufswechselkündigung das Ausbildungsverhältnis zu dem von ihm beabsichtigten Zeitpunkt der Aufgabe der Berufsausbildung kündigen – also auch mit einer längeren als der gesetzlichen normierten Frist von vier Wochen.
Höchstkündigungsfrist nur für Betriebe zwingend einzuhalten
Begründet hat das BAG seine Entscheidung damit, dass die Frist nach § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG zwar gemäß § 25 BBiG nicht durch Vereinbarungen zwischen den Parteien zuungunsten des Auszubildenden verlängert werden könne. Die Frist sei jedoch als Höchstkündigungsfrist nur einseitig (für den Ausbildungsbetrieb) zwingend und erlaube dem Auszubildenden durchaus, die im Gesetz genannte Kündigungsfrist zu verlängern und damit vorzeitig zu kündigen. Der Auszubildende bestimmt also, zu welchem Zeitpunkt sein Ausbildungsverhältnis enden soll.
In § 22 Abs. 2 BBiG ist zwar geregelt, dass ein Berufsausbildungsverhältnis nach der Probezeit „nur“ aus den in Nr. 1 und 2 der Vorschrift genannten Gründen gekündigt werden kann. Dies bedeute – so das BAG – jedoch lediglich, dass weitere Kündigungsmöglichkeiten nach Ablauf der Probezeit nicht gegeben sind, und nicht, dass „nur“ mit einer vierwöchigen Frist gekündigt werden könne
Was bedeutet das für Ausbildungsbetriebe?
Die Entscheidung des BAG kann für Ausbildungsbetriebe als durchaus positiv gewertet werden. Kündigen Auszubildende vorzeitig, können die Betriebe sich rechtzeitig auf die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses einstellen und sich um einen neuen Auszubildenden bemühen. Zudem kann in dem verbleibenden Zeitraum noch offener Urlaub genommen werden, so dass dieser nicht nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses nach § 7 Abs. 4 BurlG abgegolten werden muss.
Check: Kündigung von Ausbildungsverhältnissen
Nach § 22 BBiG ist eine Kündigung möglich
- während der Probezeit beidseits jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist (§ 22 Abs. 1 BBiG),
- nach Ablauf der Probezeit beidseits aus wichtigem Grund fristlos (§ 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG) bzw.
- durch eine Berufsaufgabekündigung durch den Auszubildenden mit einer Frist von vier Wochen. Der Auszubildende muss spätestens vier Wochen vor seinem Wunschaustrittsdatum seine Kündigung gem. § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG einreichen. Er hat jedoch die Möglichkeit, seine Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt auszusprechen (BAG-Urteil, Az. 6 AZR 50/17).
Quelle: Dr. C. Hergenröder in: wirAUSBILDER Magazin, Heft 5 2018 (für Abonnenten).