Ausländische Azubis ausbilden
Das sollten Sie vor der Rekrutierung wissen
Nach wie vor steht die Menge unbesetzter Ausbildungsplätze einer sinkenden Zahl ausbildungswilliger oder -fähiger junger Menschen gegenüber. Deshalb begeben sich Unternehmen gehäuft, insbesondere aus dem Handwerk, auf die Suche nach ausländischen Azubis, z. B. aus den europäischen Nachbarländern.
Insgesamt ist z. B. der Anteil ausländischer Auszubildender im Handwerk von 5,1 Prozent in 2005 auf 7 Prozent zum Ende 2014 gestiegen. Davon profitieren vor allem technische und naturwissenschaftliche Berufe mit hohem Engpassrisiko, wie Anlagenmechaniker SHK, Elektroniker oder Kfz-Mechatroniker.
Gezielt Azubis aus dem europäischen Ausland zu rekrutieren ist durchaus eine Möglichkeit. Gerade kleine und mittelgroße Betriebe scheuen allerdings den bürokratischen Aufwand, verbunden mit sprachlichen Problemen. Viele sind skeptisch, was die dauerhafte Bindung des neuen Mitarbeiters aus Spanien, Italien, Polen, Tschechien, Ungarn oder Griechenland angeht.
Lassen Sie sich deshalb unterstützen, z. B. vom Förderprogramm MobiPro-EU oder der Initiative „Passgenaue Besetzung“.
Folgende Punkte sind für eine erfolgreiche Rekrutierung und Bindung wichtig:
- Sprachkenntnisse – sind die Basis für eine erfolgreiche Ausbildung. Überprüfen Sie, welche Deutschkenntnisse Ihre Wunschkandidaten tatsächlich haben, unabhängig davon, was Vermittler Ihnen versprechen. Minimum sollten Kenntnisse auf dem Niveau B1 sein, eine Stufe, welche der Europäische Referenzrahmen festgelegt hat. Beachten Sie, dass Lehrjahre u.U. wiederholt werden müssen, wenn Ihr neuer Azubi aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse in der Berufsschule nicht mitkommt.
- Praktikum – bietet die Möglichkeit des ersten Kennenlernens. Gleichzeitig können Sie sich ein Bild zu den tatsächlich vorhandenen Sprachkenntnissen machen und die persönliche und fachliche Eignung für Ihr Unternehmen besser einschätzen.
- Unterkunft – am besten in einer WG? Die meisten Azubis sind noch sehr jung und zum ersten Mal von zu Hause weg. Wenn Sie die Kosten für eine erste Unterkunft übernehmen, bis eine eigene Wohnung gefunden wird, ist es sinnvoll, etwas „mit Anschluss“ anbieten zu können. Das mindert das Heimweh, Ihr neuer Azubi findet schneller Kontakt und hat gleichzeitig die Möglichkeit, seine Sprachkenntnisse zu verbessern.
- Mentor – hilft bei Eingewöhnung und Behördengängen. Stellen Sie eine Kontaktperson im Unternehmen zur Verfügung, die bei bürokratischen und kulturellen Fragen helfen kann. Sie hilft z. B. bei Wohnungssuche, Behördengängen, Kontoanmeldung, Berufsschule, Versicherungswahl etc. Aber auch für die Erklärung vermeintlicher Selbstverständlichkeiten („Wann duze oder sieze ich wen?“ – „Wie verhalte ich mich am Telefon?“ – „Wann darf ich wie lange Pause machen?“) kann ein Mentor den Jugendlichen helfen/unterstützen.
- Starterkit – die „Begrüßungstüte“ für den ersten Tag. Enthalten sind z. B. die wichtigsten Telefonnummern, eine erste Monatskarte für die öffentlichen Verkehrsmittel, Stadtplan oder auch ein Prepaid-Handy. Je nach persönlicher Neigung des Berufsstarters können Sie auch die Mitgliedschaft für den örtlichen Radsport- oder Fitnessclub übernehmen.
Solange die wirtschaftliche Situation in den europäischen Nachbarländern sich nicht verbessert, ist die Aussicht auf ein attraktives Gehalt ein guter Verstärker für den Verbleib Ihres Auszubildenden auch nach der Prüfung in Ihrem Unternehmen. Noch wichtiger ist allerdings die gute persönliche Integration – denn wer sich im Kollegenkreis geschätzt und wohl fühlt, Freunde gefunden und sich vielleicht sogar verliebt hat, dem fällt auch das Bleiben im ehemals fremden Kulturkreis nicht schwer.
Quellen:
• Broza, S.: Integration ausländischer Auszubildender, in: Die Ausbilder 4/2015, S. 2-4
• Birk, K.: Mehr ausländische Auszubildende im Handwerk