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Urteil: Vertragsanfechtung aufgrund falscher Angaben möglich?

Bei der Auswahl und Einstellung neuer Auszubildender besteht ein hoher Informationsbedarf seitens der Ausbildungsbetriebe. Ob ein Ausbildungsvertrag aufgrund falscher Angaben des Auszubildenden angefochten werden kann, entschied das Arbeitsgericht Bonn.

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Um sich in fachlicher und auch in persönlicher Hinsicht ein möglichst exaktes Bild von den potenziellen neuen Auszubildenden machen zu können, werden Bewerbern viele Fragen gestellt – entweder in einem Bewerbungsgespräch oder aber mittels eines Personalfragebogens.
Das Fragerecht des Ausbildenden ist jedoch zum Schutz der Persönlichkeit des künftigen Auszubildenden eingeschränkt.

Ein Auskunftsrecht wird nur insoweit anerkannt, als dieser ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung seiner Fragen im Hinblick auf das Ausbildungsverhältnis hat.

Notwendig ist zudem ein konkreter Tätigkeitsbezug der gestellten Frage. Beispielsweise sollte der Bewerber für eine Ausbildung zum Bäcker nicht an einer Mehlstaub-Allergie leiden und ein zukünftiger Dachdecker sollte schwindelfrei sein. Diese persönlichen Voraussetzungen sind für den jeweiligen Ausbildungsberuf relevant und dürfen daher erfragt werden. Derartige Fragen müssen Bewerber wahrheitsgemäß beantworten. Geschieht dies nicht, kann der Ausbildungsbetrieb den Ausbildungsvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten.

Wird hingegen eine unzulässige Frage gestellt, z. B. nach einer bestehenden Schwangerschaft, dem Gesundheitszustand im Allgemeinen oder der künftigen Lebensplanung, steht dem Bewerber sogar „ein Recht zur Lüge“ zu, ohne dass er rechtliche Konsequenzen zu befürchten hat.

Gerichtsurteil: Auszubildender log über sein Strafverfahren

Mit dieser Problematik hatte sich jüngst das Arbeitsgericht Bonn zu befassen: Ein junger Mann bewarb sich auf einen Ausbildungsplatz zur Fachkraft für Lagerlogistik. Im Rahmen des Einstellungsverfahrens wurde er in einem Fragebogen nach “gerichtlichen Verurteilungen/schwebenden Verfahren” gefragt. Als Antwortmöglichkeiten waren „Nein“ oder „Ja“ ankreuzbar. Der Auszubildende kreuzte „Nein“ an, obwohl gegen ihn ein Strafverfahren wegen Raubes anhängig war.

Nachdem er seine Ausbildung in diesem Betrieb dann begonnen hatte, wurde er zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Hierüber informierte er seinen Ausbilder und fragte gleichzeitig an, ob er die Ausbildung während des Freigangs fortführen dürfe. Der Ausbilder erklärte daraufhin im Hinblick auf das verschwiegene Strafverfahren die Anfechtung des Ausbildungsvertrages wegen arglistiger Täuschung. – Zu Unrecht, wie das Arbeitsgericht Bonn (Urteil vom 20.05.2020 – 5 Ca 83/20) befand: Diese Frage war zu weitgehend und damit unzulässig.

Nicht jede denkbare Straftat könne Zweifel an der Eignung für die Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik aufkommen lassen. Mithin hätte diese Frage im Einstellungsverfahren nicht gestellt werden dürfen – mit der Folge, dass deren wahrheitswidrige Beantwortung keine arglistige Täuschung darstelle.

Fazit

Ausbildungsbetriebe sollten genau prüfen, welche Fragen zulässig sind. Fordern Sie nur solche Informationen ein, anhand derer Sie die Eignung eines Bewerbers für einen Ausbildungsplatz beurteilen können. Macht der Bewerber zu diesen Fragen falsche Angaben, kann der Ausbildungsbetrieb den Ausbildungsvertrag ggf. anfechten.

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Autorin: Dr. Carmen Hergenröder ist Rechtsanwältin, Referentin von Seminaren zum Berufsbildungs-, Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht sowie Rechtsberaterin einer zahnärztlichen Schlichtungsstelle für Ausbildungsstreitigkeiten. Seit Jahren schreibt sie für verschiedene juristische Verlage.

Quelle: wirAusbilder, 5/2020

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