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Haupt- und Realschüler:innen häufiger unentschlossen bei der Berufswahl

Der Anteil der Jugendlichen, die sich sicher sind, eine Ausbildung absolvieren zu wollen, sinkt zusehends. Zuletzt traf dies nur noch auf 42 % der befragten Hauptschüler:innen und auf 37 % der Realschüler:innen in den jeweiligen Abschlussklassen zu.

Der seit Jahren rückläufige Trend bei der Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge hat sich mit der Corona-Krise noch einmal deutlich verschärft. Die Zahl der Ausbildungsbewerber:innen ist laut Berufsbildungsbericht 2024 im Vergleich zum Vorjahr zwar wieder leicht gestiegen.

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Die Zahl der Ausbildungsbewerber:innen ist laut Berufsbildungsbericht 2024 im Vergleich zum Vorjahr zwar wieder leicht gestiegen. Dennoch übertraf die Zahl der offenen betrieblichen Ausbildungsstellen auch im Ausbildungsjahr 2023/2024 die Zahl der von Jugendlichen nachgefragten Stellen nach wie vor deutlich.

Insbesondere aufgrund zunehmender Passungsprobleme auf dem Ausbildungsmarkt bleibt inzwischen je nach Berechnungsmethode mehr als jede zehnte bis jede dritte betriebliche Ausbildungsstelle unbesetzt (eine Darstellung der unterschiedlichen Berechnungsmethoden findet sich in einem aktuellen Beitrag von Bernd Fitzenberger und anderen im IAB-Forum).

Immer mehr Haupt- und Realschüler:innen sind unsicher, ob sie eine berufliche Ausbildung beginnen sollen

Immer weniger Jugendliche streben eine Ausbildung an. Dies geht aus einer Erhebung für die IAB-Studie „Corona & Du“ (CoDu) hervor. Dafür wurden seit Herbst 2020 mehrere Tausend Kinder und Jugendliche in ganz Deutschland zu ihren Bildungsaktivitäten und zu ihrer beruflichen Orientierung während der Covid-19-Pandemie befragt (die Folgebefragungen erfolgten im Frühjahr und Herbst 2022). Die hier präsentierten Auswertungen basieren auf den Angaben von 2.006 Jugendlichen der Abschlussklassen in Haupt- und Realschulen, die in den jeweiligen Erhebungen Angaben zu ihren schulischen und beruflichen Plänen während und nach der Pandemie gemacht hatten.


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Dabei zeigt sich: Seit der Ausgangsbefragung im Herbst 2020 ist die Zahl der Befragten, die eine berufliche Ausbildung anstreben, gesunken. Wollten im Schuljahr 2020/2021 noch 49 % der befragten Neuntklässler:innen sicher eine Ausbildung absolvieren, waren es in der darauffolgenden Schuljahreskohorte nur noch 42 % der Hauptschüler:innen und nur 36 % der Realschüler:innen.

Zugleich zeigen die Jugendlichen eine stärkere Unsicherheit bezüglich ihrer Ausbildungspläne: Zwar blieb der Anteil der Jugendlichen, die in ihrem Abschlussjahr ganz sicher keine berufliche Ausbildung anstrebten, praktisch konstant (ca. 15 % der befragten Haupt- und 25 % der Realschüler:innen). Allerdings stieg der Anteil derjenigen, die noch unschlüssig waren: Im Schuljahr 2020/2021 gaben 37 % der befragten Hauptschüler:innen im Abschlussjahr an, vielleicht eine Ausbildung beginnen zu wollen, im Schuljahr 2021/2022 waren es 43 %. Bei Realschüler:innen im Abschlussjahr stieg dieser Anteil von 30 auf 37 %.

Die Veränderung in den Bildungsplänen zeigt sich auch darin, dass Jugendliche nach dem Haupt- oder Realschulabschluss zunehmend ihre schulische Laufbahn fortsetzen, anstatt eine Berufsausbildung zu beginnen. Während ein Teil der Haupt- oder Realschulabsolvent:innen einen höheren Schulabschluss als klares Ziel vor Augen hat und sogar ein Studium plant, verbleibt ein anderer Teil aus beruflicher Unsicherheit zunächst länger in der Schule.

Bei der Frage nach dem angestrebten beruflichen Bildungsabschluss gaben etwa 5 % aller befragten Jugendlichen der Abschlussklassen in Haupt- und Realschulen an, weder eine Berufsausbildung noch ein Hochschulstudium absolvieren zu wollen. Tatsächlich besitzen laut Berufsbildungsbericht 2024 aktuell etwa 19 % aller Personen im Alter von 20 bis 34 Jahren keinen formalen Berufsabschluss.

Berufliche Orientierung der Jugendlichen erfolgt später

Zugleich informierten sich Jugendliche in den jeweiligen Abschlussklassen häufig erst gegen Ende ihrer Schulzeit über eine berufliche Ausbildung. Der Anteil der Hauptschüler:innen in Klasse 9, die sich erst im aktuellen Schuljahr über einen Ausbildungsplatz informiert haben, stieg seit der Ausgangsbefragung von 33 auf 42 % im Schuljahr 2021/2022 an. Bei den Realschüler:innen in Klasse 10 erhöhte er sich von 16 auf 28 % im Schuljahr 2022/2023.

Zusätzlich zu der pandemiebedingten Einschränkung der Angebote zur Berufsorientierung und Berufsberatung könnte die zunehmende Verunsicherung durch multiple Krisen dazu beigetragen haben, Unsicherheiten in der Berufsorientierung zu erhöhen. Neben gesundheitlichen und wirtschaftlichen Risiken der Pandemie sind hier auch die energie- und sicherheitspolitischen Folgen durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und die Auswirkungen der ökologischen Transformation zu nennen.

Zugleich ist allerdings der Anteil derjenigen gesunken, die sich zum Befragungszeitpunkt noch gar nicht informiert hatten. Er nahm im Schnitt in den Abschlussklassen seit der Ausgangsbefragung im Herbst 2020 um knapp 10 Prozentpunkte ab. Dies deutet darauf hin, dass die pandemiebedingte Einschränkung der Informationsmöglichkeiten im Herbst 2020 – also zum Zeitpunkt der Ausgangsbefragung – noch einen erheblichen Effekt gehabt haben dürfte, später aber nicht mehr.

Trotz des Endes dieser Einschränkungen ist allerdings der Anteil der noch unentschlossenen Jugendlichen, wie bereits erwähnt, gestiegen. Nach ihren Plänen für die Zeit unmittelbar nach dem aktuellen Schuljahr gefragt, gaben diejenigen Jugendlichen, die sich noch gar nicht informiert hatten, zu etwa 80 % an, weiter zur Schule gehen zu wollen. Die restlichen 20 % wollten gerne eine Ausbildung beginnen, ins Ausland gehen, jobben oder nichts tun.

Der vollständige Beitrag ist auf der Website des IAB-Forums zu finden.

Quelle: Pressemeldung vom 30.09.2024 des Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB)

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