Höhere Kosten für jedes dritte Unternehmen durch Azubi-Mindestlohn
Der von der Bundesregierung geplante Mindestlohn für Azubis ist aus Sicht der Gewerkschaften dringend notwendig. In einigen Ausbildungsberufen liegt die Vergütung in Ost wie West unter 500 Euro. Für viele Kleinbetriebe könnte das jedoch bedeuten, dass sie sich aus der Ausbildung zurückziehen müssten.
Unbesetzte Ausbildungsplätze und hohe Abbruchquoten verringern
Fleischer-Azubis in Ostdeutschland erhalten sogar nur 310 Euro im Monat, dabei handelt es sich noch um eine tarifgebundene Vergütung. In nicht tarif-gebundenen Unternehmen wird wahrscheinlich noch weniger bezahlt. Die Gewerkschaften sehen die Ursache für nicht besetzte Ausbildungsplätze und hohe Abbruchquoten unter anderem in der geringen Vergütung. Eine Mindestausbildungsvergütung könne neben einer höheren Ausbildungsqualität ein Mittel sein, um dem entgegenzuwirken, so Elke Hannack, Vizevorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB).
Mehrbelastung schon bei 500 Euro Mindestlohn
Laut Koalitionsvertrag der Bundesregierung soll bis zum 1. Januar 2020 eine Mindesausbildungsvergütung im novellierten Berufsbildungsgesetz verankert werden. Unklar ist noch, ab welcher Höhe eine Untergrenze gilt, die vor allem auf nicht tarifgebundene Betriebe abzielt. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) hat in einer Studie die Folgen in unterschiedlichen Szenarien untersucht. Danach würden elf Prozent der Ausbildungsbetriebe bei einer Mindestvergütung von 500 Euro im ersten Lehrjahr mehr zahlen müssen als vorher, bei 650 Euro wäre es schon jedes dritte Unternehmen.
Hauptsächlich Kleinbetriebe betroffen
Betroffen wären hauptsächlich Kleinbetriebe, denn 85 Prozent der Ausbildungsbetriebe haben weniger als 50 Mitarbeiter. Bei Kleinstbetrieben mit unter zehn Mitarbeitern wären 17 Prozent bei einem Mindestlohn von 500 Euro betroffen, bei 650 Euro schon jeder zweite. Überproportional dazu träfe es die Unternehmen im Osten. Die 650 Euro sind nicht unwahrscheinlich, da der DGB die Untergrenze bei 80 Prozent der durchschnittlichen tariflichen Ausbildungsvergütung ziehen will.
Mindestlohn – noch weniger Ausbildungsbetriebe?
Das Handwerk wäre von dieser Forderung besonders betroffen, denn hier zahlt jeder zweite Betrieb weniger als 650 Euro, jeder fünfte weniger als 500 Euro. Auch die Unternehmen im Zuständigkeitsbereich der IHK wären, anders als Eric Schweitzer, der Präsident des DIHK glaubt, betroffen: Bei einem Mindestlohn von 650 Euro wäre das auch bei 27 Prozent der IHK-Unternehmen eine höhere Belastung.
In der Wirtschaft wird der Azubi-Mindestlohn kritisch gesehen, denn schon heute kostet ein Azubi im Schnitt 7.114 Euro pro Jahr. Sollten diese Kosten um zwei bis sieben Prozent steigen, werden sich einige Betriebe wahrscheinlich keine Ausbildung mehr leisten können. Die Quote ausbildender Betriebe ist schon im letzten Jahr erstmalig unter 20 Prozent gesunken.