Niedriglohn trotz abgeschlossener Berufsausbildung
Unternehmen und Wirtschaftsverbände klagen über zu wenige Bewerber und zu viele Studenten. Gleichzeitig weist der diesjährige Berufsbildungsbericht auf die Vorzüge der dualen Berufsausbildung hin. Fakt ist aber auch: ein hoher Anteil der Berufstätigen in Deutschland ist im Niedriglohnsektor tätig, trotz abgeschlossener Berufsausbildung.
Hoher Anteil von geringverdienenden Fachkräften im Osten
Vielfältige Ausbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten, Karriereperspektiven, hohe Beschäftigungssicherheit – das alles sind laut Berufsbildungsbericht die Vorzüge der dualen Ausbildung. Davon profitieren nicht alle ausgebildeten Fachkräfte: Laut aktuellem Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung Bundesweit arbeiteten 2014 7,65 Millionen Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor, davon haben über 5,1 Millionen einen anerkannten Berufsabschluss. Die Quote liegt im Osten mit 38,8 Prozent doppelt so hoch wie im Westen mit 17,6 Prozent.
Spitzenreiter Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern
Die Niedriglohnschwelle liegt bei 60 Prozent des mittleren Einkommens: in 2014 lag die Schwelle, bezogen auf ein Monatgehalt in Vollzeit bei 1.993 Euro brutto. Die höchsten Niedriglohnbeschäftigten hat Sachsen mit 40,3 Prozent und Mecklenburg-Vorpommern mit 39,6 Prozent. Dieser Beschäftigtenanteil arbeitet für weniger als zehn Euro pro Stunde. Vergleichsweise gering sind die Anteile in Hamburg (13,8 Prozent) und Baden-Württemberg (14,8 Prozent).
Tarifbindung schützt nicht vor Niedriglohn
Laut DGB liegen die Gründe dafür in einer geringen Tarifbindung des Ostens. Doch auch diese schützt nicht vor geringem Verdienst – im Januar 2017 lag der tariflich vereinbarte Stundenlohn bei 13 Prozent von insgesamt 4.480 tariflichen Vergütungsgruppen aus 40 Wirtschaftszweigen unter zehn Euro (Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung). Führend im tariflich vereinbarten Niedriglohnsektor sind das Friseurhandwerk, Floristik, Landwirtschaft, Gartenbau und Bewachungsbewerbe sowie die Gastronomie und Verkehrsunternehmen. Betroffen von den Branchenmindestlöhnen sind ebenfalls der Pflegebereich, die Abfallentsorgung, Leiharbeit und Textilindustrie.
Quelle: Frankfurter Rundschau vom 2. April 2017.
Weiterführende Links:
Berufsbildungsberichte der Bundesregierung