Nur wenig Interesse an deutscher Ausbildung bei jungen Franzosen
Die Jugendarbeitslosigkeit im Nachbarland Frankreich ist hoch, rund ein Fünftel ist ohne Beschäftigung. In deutschen Unternehmen sind Azubis willkommen, da scheint der Gedanke einer deutsch-französischen Ausbildungspartnerschaft nahe zu liegen. Doch bei der Umsetzung gibt es Schwierigkeiten.
Beispiel Michelin
Der Reifenhersteller im saarländischen Homburg wollte die Nähe zum französischen Nachbarn nutzen und suchte dort nach Auszubildenden. Vor vier Jahren hat Ausbildungsleiter Michael Metzen mit dem Projekt angefangen, vor zwei Jahren kamen die ersten Azubis. Bislang hat man nur drei junge Männer für eine Ausbildung zum Industriemechaniker gewinnen können. Es sollten eigentlich mehr werden, doch trotz sicherer vertraglicher Voraussetzungen ist es schwer, weitere französische Azubis zu finden.
Sprache ist nicht das Problem
Die Sprache ist dabei nicht unbedingt das größte Hindernis: Von den drei Azubis bei Michelin kommt einer aus einem deutsch-französischen Elternhaus, die anderen beiden kennen zumindest den Elsässer Dialekt bzw. hatten in der Schule Deutsch. Auf das Ausbildungsangebot bei Michelin sind sie durch eine Zeitungsanzeige aufmerksam geworden. Die betriebliche Ausbildung mit hohem Praxisanteil, wie sie in Deutschland üblich ist, kennt man in Frankreich allerdings kaum, die dortigen technischen Kurzstudiengänge sind eher theoretisch orientiert.
Hohe Abbrecherquote
Harry Laufer vom TÜV Nord, der für viele Unternehmen, darunter auch Michelin, die Lehrwerkstätten betreibt und das deutsch-französische Projekt mitbetreut, spricht von einer hohen Abbrecherquote bei den französischen Azubis. Im ersten Jahr seien es 40 bis 50 Prozent gewesen, die aufgegeben hätten. Er erklärt das mit der etwas längeren Ausbildungszeit hierzulande: In Frankreich müssen die Jugendlichen mindestens die Fachhochschulreife haben, um zum zweijährigen Kurzstudium, dem Brevet de Technicien Supérieur (BTS) zugelassen zu werden. In Deutschland ist noch ein weiteres halbes Jahr nötig, um den Facharbeiterbrief zu erhalten. Dieser besitzt aber in Frankreich, anders als ein Studium, ein relativ geringes Ansehen.
Mehr Zeit, etwas zu lernen
Die drei französischen Azubis bei Michelin bescheinigen ihrer Ausbildung jedoch einen höheren Lerneffekt, weil man zwar mehr Stoff lernen müsse, aber auch mehr Zeit dafür bekäme. Das Gelernte könne durch den hohen Praxisanteil besser angewendet werden.
Quelle: Deutsch-französische Ausbildung nur mäßig erfolgreich. Deutschlandfunk vom 5.1.2016