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Von der Realität eingeholt: Flüchtlinge auf dem deutschen Arbeitsmarkt

Flüchtlinge Ausbildung Arbeitsmarkt

Schnell die deutsche Sprache lernen und dann einen Job finden – das waren die Erwartungen vieler Geflüchteter, die im Laufe des letzten Jahres in Deutschland ankamen. Auch der Arbeitsmarkt setzte Hoffnungen in den Zustrom: viele gut ausgebildete junge Menschen, die den Mangel an Fachkräften, insbesondere im Handwerk, ausgleichen. In der Region Tübingen hat die Agentur für Arbeit jetzt Bilanz gezogen.

Rund 2.200 Flüchtlinge sind seit einem Jahr in Tübingen-Reutlingen angekommen, die meisten aus Syrien, Afghanistan und Irak. Nur ca. 200 fanden bislang eine Festanstellung, oft nach einem Praktikum vorher im gleichen Betrieb. Für die 700 freien Ausbildungsplätze im Handwerk gingen nur 25 Bewerbungen von Geflüchteten ein.

Spracherwerb dauert länger als gedacht

Die Kammern stellen fest, dass die Vermittlung schwieriger ist als gedacht, obwohl beide Seiten, also Flüchtlinge und Betriebe, guten Willens sind. Hauptprobleme sind das Bildungsniveau und die Sprache. 26 Prozent haben keinen Hauptschulabschluss, ebenso haben nur 26 Prozent eine Berufsausbildung. Die Vorstellung vieler Unternehmen, dass die Geflüchteten nach einem Jahr Sprachschule fit für den Arbeitsmarkt sind, wurde enttäuscht, bei den meisten dauert es deutlich länger.

Hoffnung auf die 3+2-Regel

So gibt es zu den 200 Verträgen für Festanstellungen, die überwiegend für Helferjobs in der Gastronomie, der Metall- und Kunststoffproduktion und im Bau abgeschlossen wurden, nur zusätzlich 25 Ausbildungsverträge. Die meisten der neuen Azubis sind schon mindestens zwei Jahre in Deutschland gewesen. Mit der 3+2-Regel  erhoffen sich die Unternehmen mehr Sicherheit bei der Ausbildungsplanung: die Duldung eines Asylsuchenden soll für 3 Ausbildungsjahre und 2 weitere in fester Beschäftigung gelten.

Deutschland = Autoland, aber…

Aber auch bei den Flüchtlingen gibt es Ernüchterung: viele assozieren Deutschland mit erfolgreichen Autobauern, zu den Wunschberufen vieler gehört deshalb z. B. der Kfz-Mechatroniker. Diese Ausbildung ist aber in Praxis und Theorie sehr anspruchsvoll geworden und hat mit dem „Schrauber“ von früher kaum Gemeinsamkeiten. Dennoch gebe es positive Aspekte in der Bilanz: die Bildungsqualifizierungen zeigen erste Erfolge, die Zusammenarbeit zwischen Kammern, Netzwerkpartnern und Ehrenamtlichen verläuft sehr gut.

Quelle: Falsche Vorstellungen erschweren die Vermittlung in Ausbildung und Festanstellung. Von Maik Wilke, in: Schwäbisches Tagblatt vom 4.9.16

Mehr zu dem Thema: Praktikum für Flüchtlinge bei Ehrmann

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